Kalender Prologe
Prolog Kalender 2026
Eine ausgezeichnete Allee
„Rate mal, wer gestern über unseren Weg hopfte?“, fragte mich in einer Mischung aus Verzückung und freudiger Erwartung Nachbarin Dietlinde. „Na, bestimmt wars ein Wiedehüpf!“, kam geradewegs aus mir heraus. Ihr kleiner Versprecher und meine Wiedehopf-Begegnung kurz zuvor in der Linumhorster Allee ließen keinen Zweifel zu. Doch diese sonderbaren Vögel verbinde ich mit warmen und trockenen Gefilden. Extremadura, Spanien. Ludwigsaue, Rüthnicker Heide. Was suchen sie hier im Oberen Rhinluch, im Niedermoor, zwischen den Alleebäumen? Sie suchen nicht, sie finden: Höhlen zum Nisten, Käfer, Raupen, Grillen als Nahrung… Wiedehopfe sind wärmeliebend und kommen mit heißen Sommern gut zurecht. Den Eschen in der Linumhorster Allee macht die Kombination aus Trockenheit, Hitze und Wind seit Jahren zu schaffen. Die Phasen, in denen kein Regen fällt, sind länger und die Bäume anfälliger gegen Krankheiten geworden. Zu den natürlichen Verletzungen kommen Ast- oder ganze Baum-Entnahmen aus Sicherheitsgründen. Dies verändert die Situation für die umstehenden Bäume. Je größer die Lücken werden, desto stärker gerät die Allee ins Wanken. Für unser aller Klima, das große, wie das kleine, brauchen die Alleebäume Verstärkung.
Diese sollen sie jetzt bekommen.
Mittels der von der Stadt Kremmen eingeworbenen Projektmittel zum „Erhalt der historischen Baumallee“ werden, wo möglich, alte Eschen erhalten und neue, an trockene Witterung angepasste Bäume gesetzt. Eine Gemeinschaftsaufgabe, die nur mit kräftigen Pflanzen, zuverlässigen Firmen und einem starken Team zu realisieren ist. Der Landschaftsförderverein Oberes Rhinluch hat den Auftrag übernommen, die unterschiedlichen Qualitäten der Fachleute sowie Anforderungen der Behörden zusammenführen, um das zukunftweisende Vorhaben aus dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz gemeinsam mit der Stadt Kremmen umzusetzen.
Wir werden an geeigneten Stellen berichten. Und uns natürlich freuen, wenn in der facettenreichen Allee weiterhin - ganz selbstverständlich - Wiedehopfe herumhüpfen.
Wir wünschen Ihnen ein gutes Jahr mit unserem Rhinluch-Kalender.
Der Vorstand
Prolog Kalender 2025
Summende Gedanken
Heute ist ein besonderer Tag. Die jungen Grauschnäpper sind ausgeflogen und versuchen nun erstmals in ihrem Leben, Insekten in der Luft zu fangen. Das klappt offensichtlich nicht auf Anhieb. Der kleine Falter ist eben gerade so davongekommen. Von verschiedenen Plätzen wurde er gesichtet, mehrfach angeflogen und doch nicht erhascht. Die nächste Gelegenheit wird kommen. Oder einer der Altvögel – und schon vibrieren die kleinen Flügel, das Gefieder spreizt sich, der Schnabel geht auf. Futter!
Die Jungen haben helle Punkte und feine Linien auf ihren „daunig“ anmutenden Federn und sehen sehr schön aus. Der runde Kopf mit den großen Augen ist schon ausgeprägt, ebenso wie der „Insektenschnabel“. Alles gut angelegt, um im Fluge Beute zu machen.
Unser Futterhaus interessiert sie nicht. Vielleicht haben sie indirekt etwas davon, denke ich, wenn Arten mit breiterem Nahrungsspektrum Sonnenblumenkerne knabbern und so die eine oder andere Fliege links fliegen lassen oder ein paar Insektenlarven weniger fressen.
Diesem Gedanken nachhängend beobachte ich eine Mönchsgrasmücke, die sich an reifen Himbeeren zu schaffen macht. Sie pickt einzelne rote Kügelchen ab, die sogleich im Schnabel verschwinden. Die Grasmücke zottelt erneut drei-vier-fünf Mal an der Frucht und fliegt mit der am Schnabel klebenden saftigen Beute – zack – davon. Zu ihren Nachkommen? Sind Himbeeren eine übliche Quelle oder wird aus Mangel an tierischer Nahrung darauf zurückgegriffen?
Die Nachrichten vom allgegenwärtigen Rückgang der Insekten machen mich ganz verrückt. Überall wittere ich diesen Mangel. Sei es am Schmetterlingsstrauch oder am nachmittäglichen Kaffeetisch. Die Fliegen an der Goldrute sind ein schwacher Trost. Abends als die Fledermäuse durch die Luft jagen, frage ich mich inwieweit die Insektenwelt im Rhinluch wohl noch in Ordnung ist.
Kürzlich kam ein Unternehmen auf den Förderverein zu, welches seine neu entwickelte „Insektenkamera“ auf größeren naturnahen Flächen ausprobieren möchte. Diese Apparatur kann die Anzahl und Artzugehörigkeit von Kleintieren auf einer bestimmten Fläche bestimmen. Dabei werden ähnlich wie bei einer Wildkamera Fotos ausgelöst bei allen Bewegungen, die im Blickfeld der kleinen Kamera stattfinden. Diese Bilder werden übertragen und ausgewertet. Sie können auch an Interessierte versendet werden, so dass sich viele Menschen, z. B. auch Mitglieder unseres Vereins, an der Bestimmung der abgelichteten Tiere beteiligen können.
Eine spannende Sache, denn schließlich gibt es kaum konkrete Zahlen, was den Zustand und die Bestandsentwicklung der Tiere betrifft, die als Bestäuber und Nahrungsgrundlage größerer Arten fundamental sind.
Trotz Kameratechnik, Satellitenverbindung und „citizen science“ kommen wir nicht umhin, die Lebensräume der Insekten insgesamt wieder aufzupeppeln: in der Land(wirt)schaft, in Städten und Orten, großen und kleinen Parkanlagen, im Garten, auf dem Balkon.
Der Landschaftsförderverein kümmert sich im Oberen Rhinluch nach Kräften um Strukturreichtum und Biodiversität. Die vorliegenden Fotos künden davon.
Danke, dass Sie mit Ihrem Interesse und eigenem Engagement unterstützen!
Das Grauschnäpper-Paar hatte in der Saison 2024 drei erfolgreiche Bruten. Wie viele Jungvögel den Sommer überlebt haben, ließ sich nicht ermitteln. Vielleicht kann jemand eine entsprechende Kamera dafür erfinden?!
Ein insektenfreundliches und auch sonst vielfältiges Jahr 2025 wünscht Ihnen der LFV Oberes Rhinluch e.V.
Prolog Kalender 2024
„Achtung! Junge Füchse“
So stand es am Straßenrand, auf rosa Pappe, gut lesbar geschrieben. Ich trete behutsam auf die Bremse und schmunzle, weil ich weiß, wer das Schild gemalt und aufgestellt hat. Ungelogen: im selben Moment betritt ein kleines pelziges Tier den Asphalt, auf kurzen krummen Beinen, und wenige Sekunden später ein weiteres. Das sind sie, die Jungfüchse! Sie rangeln miteinander, spielen Fangen auf der Fahrbahn bis sie im hohen Gras zwischen den Alleebäumen verschwinden. Ich warte, lausche und freue mich über diesen Moment. Habe ich jemals so kleine Füchse gesehen? Wo ist der Rest der Familie? Ich rolle langsam an und vorbei. Auf dem Rückweg, es ist schon dunkel, fällt das Scheinwerferlicht auf ein gekrümmtes Tier am Straßenrand. Wer ist es? Warum bewegt es sich so seltsam und läuft nicht davon? Die Antwort kommt auf flinken Pfoten: zwei Fuchsjunge, die wie das dritte Geschwister Muttermilch saugen wollen.
Im Laufe des Sommers ließ sich innerhalb der beschilderten „Fuchszone“ beobachten, wie die Fähe langsam zunahm und ihre Kleinen von Woche zu Woche größer wurden.
Liebe Lena, Greta, Uwe und Basti – Danke für Eure „Wegweiser“, die meine Sinne für Familie Fuchs geschärft und mir Einblicke ins wilde Leben geschenkt haben.
Wer in der Natur unterwegs ist, kann etwas erleben!
Ob Park, Wald oder Flur, kurze oder lange Wege - es gibt immer etwas zu entdecken. Wer regelmäßig dieselbe Strecke nimmt, wird bei genauem Betrachten Veränderungen sehen, jahreszeitliche, witterungsbedingte, langfristige. Das kann Freude machen, erschreckend sein, Neugierde wecken, Fragen aufwerfen... Im Oberen Rhinluch gibt es seit gut dreißig Jahren den Landschaftsförderverein, in dem ganz unterschiedliche Menschen Mitglied sind. Uns eint die Liebe zu dieser Landschaft und der Wunsch, sie zu erhalten und zu pflegen. Wir tauschen unsere Beobachtungen aus und greifen ein, bevor etwas zuwiderläuft. Gemeinsames Engagement verleiht Flügel.
Wem das Obere Rhinluch am Herzen liegt, möge sich anschließen.
Stellvertretend für die Mitglieder – Jana Albrecht
Prolog Kalender 2023
Die unendliche Leichtigkeit des Losgehens
Eine Naturfreundin, die im Oktober ihren 82. Lenz feiert, hat ihren geliebten Landsitz aufgegeben und ist in die Metropole zurückgekehrt; näher dran an Kultur, an Mensch- und Bahnanbindung.
Auf ihrem Balkon lehnt sie sich vor und sagt, wie sehr sie den Sternenhimmel vermißt und wie ihr die Jahreszeiten fehlen. Weite. Dunkelheit. Die besonderen Lichtstimmungen bei Wetterwechsel, der Duft von Seewasser, das Rot der Mohnblumen, das fröhliche Zwitschern der Schwalben, der hellgraue Herbstnebel... es ist, als wäre die Freude aus meinem Leben verschwunden. Dieser Groschen fiel langsam, erzählt sie mir, doch irgendwann schlug er auf und klingelte lautstark.
Dann ging alles sehr schnell. Den wind- und wettererprobten Ostfriesennerz hervorgeholt, festes Schuhwerk an, ein Tuch um den Hals. Ach, hier in der Jackentasche hat sich der Fotoapparat so lange versteckt: 'Na, dann will er wohl mit!' Sie sagt, er sei ihre Rettung gewesen.
Diese Geschichte vom Losgehen endet hier und es beginnt die eigentliche Reise, die jeder unserer Kalenderfotografen für sich unternimmt. Von einigen weiß ich, daß sie ihr Motiv bereits vor Augen haben, lange bevor sie sich auf den Weg machen. Manchmal reist das Glück ein Stück mit, und die Geschichte entspinnt sich leise, auf ihre Weise, im Zusammenspiel mit Licht und Schatten und den geduldigen, wachen Augen hinter der Kamera.
Am Ende eines Ausflugs dann die immer gleichen Fragen: ist es gelungen, mein Bild, das ich hatte, einzufangen? Erzählt das Foto etwas von dem innigen Moment? Bringt es etwas nicht Sichtbares hervor? Ist ein überraschender Blickwinkel, eine besondere Stimmung dabei?
Schauen Sie - und tauchen in die vielfältigen Geschichten ein.
Danke, liebe Fotografinnen und Fotografen! Haltet den Apparat fest in der Hand und immer parat.