Summende Gedanken
Heute ist ein besonderer Tag. Die jungen Grauschnäpper sind ausgeflogen und versuchen nun erstmals in ihrem Leben, Insekten in der Luft zu fangen. Das klappt offensichtlich nicht auf Anhieb. Der kleine Falter ist eben gerade so davongekommen. Von verschiedenen Plätzen wurde er gesichtet, mehrfach angeflogen und doch nicht erhascht. Die nächste Gelegenheit wird kommen. Oder einer der Altvögel – und schon vibrieren die kleinen Flügel, das Gefieder spreizt sich, der Schnabel geht auf. Futter!
Die Jungen haben helle Punkte und feine Linien auf ihren „daunig“ anmutenden Federn und sehen sehr schön aus. Der runde Kopf mit den großen Augen ist schon ausgeprägt, ebenso wie der „Insektenschnabel“. Alles gut angelegt, um im Fluge Beute zu machen.
Unser Futterhaus interessiert sie nicht. Vielleicht haben sie indirekt etwas davon, denke ich, wenn Arten mit breiterem Nahrungsspektrum Sonnenblumenkerne knabbern und so die eine oder andere Fliege links fliegen lassen oder ein paar Insektenlarven weniger fressen.
Diesem Gedanken nachhängend beobachte ich eine Mönchsgrasmücke, die sich an reifen Himbeeren zu schaffen macht. Sie pickt einzelne rote Kügelchen ab, die sogleich im Schnabel verschwinden. Die Grasmücke zottelt erneut drei-vier-fünf Mal an der Frucht und fliegt mit der am Schnabel klebenden saftigen Beute – zack – davon. Zu ihren Nachkommen? Sind Himbeeren eine übliche Quelle oder wird aus Mangel an tierischer Nahrung darauf zurückgegriffen?
Die Nachrichten vom allgegenwärtigen Rückgang der Insekten machen mich ganz verrückt. Überall wittere ich diesen Mangel. Sei es am Schmetterlingsstrauch oder am nachmittäglichen Kaffeetisch. Die Fliegen an der Goldrute sind ein schwacher Trost. Abends als die Fledermäuse durch die Luft jagen, frage ich mich inwieweit die Insektenwelt im Rhinluch wohl noch in Ordnung ist.
Kürzlich kam ein Unternehmen auf den Förderverein zu, welches seine neu entwickelte „Insektenkamera“ auf größeren naturnahen Flächen ausprobieren möchte. Diese Apparatur kann die Anzahl und Artzugehörigkeit von Kleintieren auf einer bestimmten Fläche bestimmen. Dabei werden ähnlich wie bei einer Wildkamera Fotos ausgelöst bei allen Bewegungen, die im Blickfeld der kleinen Kamera stattfinden. Diese Bilder werden übertragen und ausgewertet. Sie können auch an Interessierte versendet werden, so dass sich viele Menschen, z. B. auch Mitglieder unseres Vereins, an der Bestimmung der abgelichteten Tiere beteiligen können.
Eine spannende Sache, denn schließlich gibt es kaum konkrete Zahlen, was den Zustand und die Bestandsentwicklung der Tiere betrifft, die als Bestäuber und Nahrungsgrundlage größerer Arten fundamental sind.
Trotz Kameratechnik, Satellitenverbindung und „citizen science“ kommen wir nicht umhin, die Lebensräume der Insekten insgesamt wieder aufzupeppeln: in der Land(wirt)schaft, in Städten und Orten, großen und kleinen Parkanlagen, im Garten, auf dem Balkon.
Der Landschaftsförderverein kümmert sich im Oberen Rhinluch nach Kräften um Strukturreichtum und Biodiversität. Die vorliegenden Fotos künden davon.
Danke, dass Sie mit Ihrem Interesse und eigenem Engagement unterstützen!
Das Grauschnäpper-Paar hatte in der Saison 2024 drei erfolgreiche Bruten. Wie viele Jungvögel den Sommer überlebt haben, ließ sich nicht ermitteln. Vielleicht kann jemand eine entsprechende Kamera dafür erfinden?!
Ein insektenfreundliches und auch sonst vielfältiges Jahr 2025 wünscht Ihnen der LFV Oberes Rhinluch e.V.